Father Gerald über den Erfolg der Nähwerkstatt in Owerri/Nigeria

Wie aus einer Nähmaschine vier werden

Während seines jährlichen Sommerurlaubs in Deutschland hat Father Gerald auch dieses Mal wieder den „Förderverein Werkraum Penzberg“ besucht. Im Sommer 2018 hat man gemeinsam das Projekt „Nähwerkstatt“ ins Leben gerufen, um junge Frauen im Erzbistum Owerri auszubilden. Drei Jahre lang ist der Verein voll aufgekommen für die Ausstattung der beiden Räume, das Gehalt der Lehrkräfte, die nötigen Materialien sowie Fahrt- und Verpflegungskosten. Nach diesem Anschub steht die Werkstatt seit inzwischen drei Jahren weitgehend auf eigenen Füßen, Spenden des Vereins fließen alleine noch in die Anschaffung der Nähmaschinen für die Absolventinnen. Mit diesem zentralen Arbeitsmittel gestalten die jungen Näherinnen ihre Zukunft.

Außer vielen in der Werkstatt entstandenen kleinen Täschchen und großen Einkaufsbeuteln hat der Pfarrer dieses Mal die Aufnahmen von einer Interview-Veranstaltung im Gepäck. Vor der Reise hat er etwa die Hälfte der 100 ehemaligen Schülerinnen versammelt und nach ihrem weiteren Weg befragt. Die Erfolgreichste von ihnen pflegt inzwischen eine Kundendatei mit 250 Adressen. Etliche haben auch die Inhalte des Wirtschaftsunterrichts umgesetzt und in weitere Maschinen investiert, manche haben so bis zu vier weitere Arbeitsplätze geschaffen. Sie erstellen sich ein Profil für ihre Leistungen und verbreiten es auf sozialen Netzwerken. Die Kunden bringen den Stoff und lassen ihn verarbeiten, jede Näherin verdient damit umgerechnet knappe 20 Euro im Monat.

Father Gerald berichtet darüber, wie auch junge Mütter durch Heimarbeit nun zum Familieneinkommen beitragen. Zumindest die ausgebildeten Frauen kann er so von der Flucht aus der Heimat abhalten. Nach wie vor aber verkaufen junge Menschen Grundstücke ihrer Familie, um den Weg nach Europa anzutreten. Er bemüht sich, die Aussichtslosigkeit dieses Versuchs zu vermitteln und auf den Reichtum des eigenen Landes zu verweisen. Dabei hat er durchaus Verständnis für den Unmut junger Leute, die immer öfter gegen das größte politische Problem, die Korruption, auf die Straße gehen unter dem Motto „Genug ist genug!“. Ein weiteres großes Problem ist der islamistische Terror, gegen den inzwischen die Gemeinden eigene Security-Kräfte beschäftigen.

Am Ende des Nachmittags schallt aus dem Smartphone des Pfarrers ein fünfzigfaches „Dankeschön!“ an die Freunde in Deutschland. Diese hoffen auch weiterhin auf genügend Spenden, um einmal im Jahr Kursabgängerinnen mit einer eigenen Nähmaschine in eine hoffentlich gute Zukunft zu entlassen.

Bericht: Anette Völker-Rasor und Ulrike Sidki