Ein volles Jahr liegt hinter uns, ein Jahr voll an Einsatz, Erfolg, Erfahrungen, Erschütterungen.
Engagement des Helferkreises
Das erste Halbjahr war geprägt von den Bemühungen um die gerade gekommenen afghanischen Ortskräfte- und syrischen Kontingentsfamilien. Parallel zur Migrationsberaterin halfen wir bei der Eröffnung von Bankkonten, dem Erhalt von Krankenkassenkarten, der Beantragung von Wohnberechtigungsscheinen, bei den Impfungen gegen Covid und Masern, beim ersten Besuch von Kindergärten und Schulen sowie beim Einfädeln in die passenden Integra-tionskurse – und das alles nur zu neunt.
Im zweiten Halbjahr spielte sich dann Alltägliches ein wie die Unterstützung der Alpha-Kurs-Besucher oder die Hausaufgabenbetreuung der Kinder. Wir sind dankbar, dass die Flüchtlinge zudem immer auf die Unterstützung durch die „Penzberger Tafel“ und die Kleiderkammer der AWO rechnen können. Völlig schleierhaft ist uns nur, wie die Familien jemals aus den beengten Wohnverhältnissen herausfinden sollen. Etwa mit drei Generationen zu neunt in zwei Zimmern zu leben, ist eine Herausforderung.
Eine feste Größe: Unsere Radlwerkstatt
Jeden Freitagnachmittag und Samstagvormittag herrscht nach wie vor großer Andrang in unserer Werkstatt. Einer der neu eingetroffenen afghanischen Väter mit seinem großen Knowhow ist zum unverzichtbaren Mitarbeiter geworden. Das Team steht mit viel Ruhe denen bei, die eine Reparatur selbst schaffen wollen, und es packt rasch an, wenn es komplizierter wird.
Die Teilnahme mit einem Reparaturstand bei der Instandsetzung des Bürgerbahnhofs während des Stadtfests war sofort beschlossen, die Unterstützung der Hanni-Aktion für die Landesgartenschau selbstverständlich. Und für den „Radentscheid Bayern“ kam ein großer Teil der Penzberger Stimmen im Werkraum zusammen.
Jürgen Wolff, Slawo Tetzlaff und ihre Kollegen führen über alles genau Buch, u.a. über die Ausbeute an Altmetall, welches beim sorgfältigen Zerlegen von Schrotträdern anfällt: von 2 t im Jahr 2019 steigerte man sich auf 5 t im Jahr 2021! Dabei wandert nur in den Container, was nicht im Ersatzteillager noch zu gebrauchen ist.
Steigende Nachfrage im Reparaturcafé
Wenn sich das große Team der Reparateure an jedem dritten Freitag im Monat einfindet, dann warten im Raum bereits jede Menge Kaffeemaschinen, Radios, Stausauger, Lampen, aber auch Spielzeuge und vieles mehr auf sie. Alles sorgsam mit Zetteln beschriftet. Organisator Herbert Preuß lässt in Absprache mit der Anmeldung bei der VHS die reparaturbedürftigen Dinge auch weiterhin aus Rücksicht auf Corona im Zehn-Minuten-Takt abliefern. Ebenso sind das Dabeibleiben der Besitzer und der gemütliche Ratsch bei Kaffee und Kuchen aus Vorsicht noch nicht wieder eingeführt. Aber die Stimmung ist auch bei gehaltenem Abstand bestens.
Und das Angebot so gut, dass die Leute inzwischen bis von Kochel und Bernried kommen. Neuerdings denkt das Team darüber nach, einen zweiten Termin im Monat anzubieten.
Unser Zusammenwachsen
Im Mai gewann VHS-Leiterin Katja Wippermann Prof. Wolfgang Heckl für einen Vortrag über die „Kultur der Reparatur“. Bei seiner Schilderung, dass unser Lifestyle auf die Ausbeutung der Erdkruste ebenso zurückgehe wie auch auf die Ausbeutung von Menschen anderswo, da schloss sich der Kreis zu unserer Flüchtlinghilfe wie auch zu unserem Entwicklungshilfeprojekt in Nigeria wieder.
Kurze Zeit später erhielten wir bei einem persönlichen Besuch von Father Gerald neueste Informationen über den weiteren Ausbau der von uns 2018 gegründeten und inzwischen selbst laufenden Nähwerkstatt in Owerri.
Egal, ob in der Ferne oder beim näher liegenden „Radentscheid Bayern“: In allen Bereichen unseres Einsatzes geht es auf die ein oder andere Weise um Nachhaltigkeit. So haben wir im Herbst diejenigen Punkte gelistet, mit denen auch unser Verein die Penzberger Klimaschutzerklärung unterzeichnen konnte.
Die drei Säulen unseres Vereins wachsen somit immer enger zusammen. Im November haben wir in größerem Kreis besprochen, dass sie sich künftig auch in der Zusammensetzung unseres Vorstands gleichmäßig abbilden sollen. Unseres Vorstands, den wir in der kurzen Vereinszeit bereits einmal krankheitsbedingt umbilden mussten. Gefolgt von einer traurigen Nachricht.
Leben mit dem Ukraine-Krieg
Als wir im September an einer Veranstaltung der „Stiftung Kunst und Natur“ in Nantesbuch teilnahmen, wurde auch die tiefe Zäsur sichtbar, den der Überfall auf die Ukraine darstellt. Die erst dreizehn Jahre alte Asya Hirzheva steuerte für unseren Stand das oben gezeigte Bild bei, ein Bild von einem verstörten Teenager.
Mit unserem geschrumpften Helferkreis können wir gar nicht mehr genug Unterstützung bieten. Da ist es ein Segen, dass dank der Holdenried-Stiftung und der Firma Roche erst einmal eine neue Ukraine-Koordinationsstelle in Penzberg geschaffen wurde, die dringend länger benötigt wird. Und dass auch trotz derzeit zunehmendem Andrang neuer Flüchtlinge diejenigen Familien, die nun einmal hier Fuß gefasst haben, mit Hilfe des Landratsamts irgendwie doch hiergehalten werden konnten.
Unser großer Dank geht an alle Beteiligten und auch an alle Gastgeber ukrainischer Familien.
Wir wünschen Euch und Ihnen allen ein ruhiges Jahresende. In Hoffnung auf Frieden.
Es grüßen herzlich Dieter Raisch, Anke Ringel, Ulrike Sidki und Anette Völker-Rasor